Therapie

1. Refluxiver Megaureter


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  • Abbildung 13: Sekundärer obstruktiver Megaureter (Ureterozele) rechts, Resektion, Modellage des Harnleiters und Ureterreimplantation in der Methode nach Hendren
    1. Präoperativ
    2. Postoperativ 3 bis 6 Monate, die Modellage bei b im distalen Harnleiter erkennbar

Zum klinischen Verlauf ist festzuhalten, dass ein Teil der Betroffenen keine klinischen Symptome hat (s. Kasuistiken: Beispiel 1). Häufige Komplikation sind Harnwegsinfektionen.

Die primären refluxiven Megaureteren geringeren Grades können im Rahmen eines Maturationsprozesses ausheilen. Bei höhergradigen Refluxen ist diese Wahrscheinlichkeit eher gering. Therapie der Wahl ist dann die Harnleiterneuimplantation. Bei einseitigem refluxiven Megaureter mit funktionsloser ipsilateraler Niere kann bei rezidivierenden Infekten oder arterieller Hypertonie und normaler Nierenfunktion der Gegenseite die Nephroureterektomie indiziert sein.

Sekundäre refluxive Megaureter sind Folge von Anomalien der Harnblase oder der Urethra sowie Neurogenen Blasenentleerungsstörung, Meningomyelozele (s. Abbildung 4). "nonneurogenic neurogenic bladder" ("Hinman-Syndrom") (s. Neurogene Harnblasenentleerungsstörungen) - funktionelle Harnblasenentleerungsstörung -, infravesikale Obstruktion (Harnröhrenklappen, Harnröhrenstrikturen), Ureterozelen, Strahlen- oder Cyclophosphamidblase (s. Harnblasenfunktionsstörungen).
Vor einer operativen Versorgung des Refluxes muss die Grundkrankheit therapiert werden. Eine Rückbildung des Refluxes tritt nach Behandlung der Grundkrankheit bei einem Teil der Patienten spontan ein z.B. nach Resektion von Hinteren Harnröhrenklappen oder medikamentös bedingte Senkung des Harnblasendruckes bei neurogener Harnblasenentleerungsstörung bzw. durch Harnblasenerweiterungsplastik (Augmentation) bei Meningomyelozele (s. Harnröhre/Harnröhrenklappen).

2. Obstruktiver Megaureter

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  • Abbildung 14:
  • Taillierung des Megaureters in der Methode nach Hendren

Die Behandlung des primär obstruktiven Harnleiters ist vom Schweregrad der Obstruktion und den daraus folgenden Symptomen abhängig. Während ein Teil der Kinder unter sorgfältiger klinischer Beobachtung verbleiben kann, sind operative Maßnahmen bei rezidivierenden Harnwegsinfekten, bestehender Hydronephrose mit Nierenparenchymverlust, sekundärer Urolithiasis und anhaltenden Beschwerden des Patienten erforderlich. In Frage kommen Resektion der Obstruktion und Harnleiterneueinpflanzung.

Von den früher in der Methode nach Hendren durchgeführten Uretermodellagen (Taillierung) wird heute im Allgemeinen abgesehen. Die Abbildung 12 zeigt schematisch das Verfahren von Hendren und die Abbildung 13 die Anwendung der operativen Methode bei einem 6 Jahre alten Jungen mit sekundär obstruktivem Megaureter rechts Literatur:Hendren, W. H.: "A new approach to infants with severe obstructive uropathy: early complete reconstruction", J. pediat. Surg., 5, 184, 1970.

Bei der Behandlung des sekundär obstruktiven Megaureters ist wie beim sekundär refluxivem Megaureter die initiale Behandlung der Grundkrankheit erforderlich (z.B. Harnröhrenklappen, Ureterozele, neurogene Harnblasenentleerungsstörungen) (s. Sekundär refluxiver Megaureter) bzw. ist bei ausgeprägter Dilatation des Harnleiters und Nierenbeckenkelchsystems und rezidivierenden Harnwegsinfekten eine operative Korrektur angezeigt (Abbildung 14).

Die Abbildung 14a-c zeigt die Verschmälerung ("Taillierung") eines obstruktiven Megaureters mit adynamischem Segment in der Methode nach Hendren. Mit Spezialklemmen wird der weite, aus der Harnblase exzidierte Harnleiter reseziert. Das schmale adynamische Segment ist rechts im Bild (Abbildung 14a) erkennbar.

Kasuistik

Das 8 Jahre alte Mädchen wurde wegen rezidivierenden Harnwegsinfektionen und auffälliger körperlicher Leistungsschwäche überwiesen. Die Diagnostik ergab in der Sonographie einen Harnstau Grad I der rechten Niere. Im AUR fand sich ein rechtsseitiger obstruktiver Megaureter sowie Verdacht auf Ureterabgangsstenose. Ein VUR bestand nicht (Abbildung 15a).
Nach Entfernung des distalen adynamischen Segmentes, Reimplantation und Teilmodellage des Ureters (Abbildung 15b). Die Ureterabgangsstenose wurde in zweiter Sitzung nach Anderson-Hynes korrigiert. Die Abbildung zeigt den Vergleich vor und nach der operativen Korrektur (Abbildung 15c).

  
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  • Abbildung 15: Obstruierender partieller Megaureter und Ureterabgangsstenose rechts
    1. Ausscheidungsurogramm: Megaureter mit distalem engem Segment, Hydronephrose bei Ureterabgangsstenose rechts, MCU: Kein Reflux
    2. Intravesikale Präparation des Megaureters mit engem Segment, Uretermodellage, Reimplantation
    3. Postoperatives AUR mit einliegender Ureterschiene nach Ureterabgangsplastik
    4. Vergleich Ausscheidungsurogramm vor und nach den rekonstruktiven Operationen

3. Nicht refluxiver, nicht obstruktiver Megaureter

Primär

Diese Veränderungen gehen in 80% mit einer normalen Nierenfunktion und -entwicklung einher. Es ist daher gerechtfertigt zunächst, auf ein chirurgisches Vorgehen zu verzichten. Die betroffenen Kinder benötigen engmaschige, sorgfältige Kontrollen, um rechtzeitig zu behandeln, wenn sich eine Einschränkung der Nierenfunktion ergibt.
Voneinander abzugrenzen sind diejenigen Patienten, die zum Erhalt der Nierenfunktion eine operative Intervention benötigen von denen, die bei guter Prognose bezüglich der Nierenfunktion einem unnötigen peri- und postoperativen Komplikationsrisiko ausgesetzt wären.
Bei Patienten mit dysplastischem Ureter und Niere (Funktion < 20%) ist eine Entfernung angezeigt.

Sekundär

Sekundäre nicht refluxive, nicht obstruktive Megaureter können Symptom eines erhöhten Harnflusses sein (Diabetes insipidus). Bakterielle Toxine können die Kontraktilität des Harnleiters beeinflussen. Zumeist handelt es sich jedoch um Restzustände nach Behandlung anderer, mit Megaureterenbildung verbundener Krankheitsbilder. Solche Patienten sind in einem Langzeit-Dispensaire zu betreuen, um nicht Spätkomplikationen (Hydronephrose und Nierenparenchymschädigung) zu übersehen. Bei Harnstase mit assoziierten Harnwegsinfekten kann eine operative Korrektur indiziert sein.