Meningomyelozele (Dysraphiesyndrom)

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  • Abbildung 1:
    1. Meningomyelozele (schematisch)
    2. Spina bifida occulta des ersten Sakralwirbels bei einem 11 Jahre alten Jungen
  • Abbildung 2:
    1. Meningozele
    2. Meningomyelozele
    3. Rachischisis: im Lumbalteil der Wirbelsäule bleibt der Kanal an umschriebener Stelle offen, das Rückenmark ist dort rudimentär und flach ausgebreitet.
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  • Abbildung 3:
  • Dysrhaphie bei Jugendlicher mit neurogener Blasenentleerungsstörung und therapieresistenter Nierenissufizienz.
    Störung der Wirbelsäulenbildung und der Schließung des Neuralrohres

 
  • Abbildung 4: Spina bifida occulta
    1. Schema
    2. mit leichter Hauteindellung und Haarbüschel

Ursachen neuropathogener Harnblasendysfunktionen sind Meningomyelozelen (MMC), Tethered Chord oder sakrale Anomalien. Beispielhaft für neurogene Harnblasenentleerungsstörungen im Kindes- und Jugendalter das Krankheitsbild der Meningomyelozele (MMC). Meningomyelozelen und Spina bifida aperta werden mit einer Prävalenz von 1 bis 2 pro 1000 Lebendgeburten beobachtet.
In den USA finden sich annähernd 4000 Schwangerschaften mit MMC bzw. Anencephalus pro Jahr Literatur:Birnbacher, R., Messerschmidt, A. M., Pollak, A. P.: "Diagnosis and prevention of neural tube defects" Curr Opin Urol 12, 461-464, 2002.
Glücklicherweise ist die Häufigkeit der MMC in den letzten 20 Jahren aufgrund der Entdeckung des protektiven Effekts der Folsäureprotektiven Effekts der FolsäureFolsäure wurde erstmalig 1991 in den USA als Prävention bei Hochrisikoschwangerschaften, und zwar bei Schwangeren, die bereits ein Kind mit Neuralrohrdefekt geboren haben, angewandt. Eine Foliatsupplementation (Nahrungsergänzung) wird heute in den Industrieländern bei geplanten Schwangerschaften zur Prävention eingesetzt. auf die Entstehung dieser Fehlentwicklung rückläufig Literatur:Birnbacher, R., Messerschmidt, A. M., Pollak, A. P.: "Diagnosis and prevention of neural tube defects" Curr Opin Urol 12, 461-464, 2002.

Diese Hemmungsmissbildung erfordert in Diagnostik und Therapie die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen. Das bezieht sich vor allem auf das unterschiedliche Krankheitsbild in den verschiedenen Lebensabschnitten (Kinder-Jugendliche).

Morphologie

Die MMC ist ein Defekt des Neuralrohrs und zwar handelt es sich um eine hernienartige Aussackung von Rückenmarksanteilen und Meningen infolge eines Wirbelsäulendefektes - Spina Bifida (Abbildung 1). Zu unterscheiden sind Meningozele, Myelomeningozele und Rachischisis (Abbildung 2).
Im Lumbalteil der Wirbelsäule bleibt bei der Rachischisis der Kanal an umschriebener Stelle offen, das Rückenmark ist dort rudimentär und flach ausgebreitet.

Spina Bifida

Entwicklungsdefekt der Wirbelsäule mit Störung der Fusion zwischen den Bogen der Wirbelkörper - Dysraphie. Dabei kann eine Protrusion bzw. Dysplasie des Rückenmarks und seiner Hüllen bestehen.
Zumeist ist der 5. Lenden- bzw. der 1. Sakralwirbel betroffen (Dysraphie) (Abbildung 3).

Tethered Chord

In 20% findet sich bei Spina bifida occulta eine Adhäsion des Filum terminale (Ausläufer des Konus medullaris des Rückenmarkes) an der Durawand.

Krankheitsbild

Die Hauptprobleme bei Kindern mit Meningomyelozelen sind hoher intravesikaler Druck (Detrusorhyperaktivität) bzw. Detrusorsphinkterdyssynergie oder Insuffizienz des Detrusor und des Sphinktermechanismus mit Inkontinenz.
Die Detrusorsphinkter-Dyssynergie verursacht eine funktionelle Obstruktion des Harnblasenausganges und eine Veränderung der Harnblasenkontur (Abbildung 5a).
Als Folge des erhöhten Harnblasendruckes kommt es zur Dilatation der oberen Harnwege bzw. zu einem sekundären Hochdruck-VUR (high pressure) (Abbildung 5b). Bei etwa 50% der Patienten mit MMC besteht eine Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie. Die daraus entstehende inkomplette Entleerung der Harnblase verursacht rezidivierende Harnwegsinfekte.
Durch Areflexie des Sphinkters entsteht Inkontinenz. Die oberen Harnwege werden dabei im Gegensatz zur DSD nicht in Mitleidenschaft gezogen.
Zur Zeit der Geburt haben die Kinder mit MMC in der Regel normale obere Harnwege. Ohne rechtzeitige Behandlung kommt es in bis zu 50% innerhalb der ersten 5 Jahre zu den oben beschriebenen Veränderungen der Harnblase im Sinne der DSD (Abbildung 5a), bzw. der oberen Harnwege (Abbildung 5b) oder rezidivierenden Harnwegsinfekten Literatur:Nijman, R. J. M.: "Neurogenic and non-neurogenic bladder dysfunction" Curr Opin Urol 11, 577-583, 2001.

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  • Abbildung 5:
    1. Harnblasenwandveränderungen (Hypertrohpie, Divertikel) durch Detrusorhyperaktivität bzw. DSD
    2. Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie mit sekundärem VUR beiderseits bei 4jährigem Mädchen