Die kombinierte Anwendung von Chemo- und Radiotherapie sowie operativer Maßnahmen hat eine erhebliche Verbesserung der Behandlungsergebnisse bei Patienten mit Wilmstumor erbracht (Multimodale Therapie). Auch fortgeschrittene Stadien und Rezidive sind erfolgreich therapierbar. Während noch bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts die Fünfjahresüberlebensrate bei 20% bis 40% lag, zeigen die aktuellen Behandlungskonzepte des Wilmstumor eine Langzeitüberlebensrate von mehr als 90% bei lokalisierten und von 70% bei metastasierenden Krankheitsbildern.
Verschiedene Studien stützen diese Aussagen wie die NWTSG (National Wilms Tumor Study Group, USA) bzw. der SIOP (Societé internationale d' Oncologie Pédiatrique) und der UKCCSG (United Kingdom Childrens Cancer Study Group: Literatur:http://www.nwtsg.org, (16.09.2012).
Die Therapie hat einen Qualitätswandel erfahren. Ohne Verlust an Ergebniseffizienz wurde eine Reduktion der Therapiefolgeerscheinungen erzielt.
So werden weniger aggresive Chemotherapieregime bei Patienten mit niedriggradigem und histologisch weniger malignen Tumoren angewendet bzw. kommt für kongenitale mesoblastische Nephrome alleinige Nephrektomie in Frage.
Die Behandlungskonzepte unterscheiden sich gemäß der NWTS bzw. der SIOP. In beiden Arbeitsgruppen werden im Rahmen aufeinander aufbauender Studien die Therapiekonzepte optimiert. Ziel ist eine risikoadaptierte Therapie, die high-risk-Tumoren ausreichend aggressiv behandelt und unnötige Therapiekomponenten bei niedrigem Risiko vermeidet. Nach NWTS-Protokoll wird nach primärer Operation eine kombinierte Chemotherapie, in Abhängigkeit vom Tumorstadium zusätzlich eine Radiatio durchgeführt. Nach SIOP Schema steht an erster Stelle eine präoperative Chemotherapie gefolgt von Operation und kombinierter Chemotherapie, ggf. Radiatio (Abbildung 11).
Entsprechend der Tumorhistologie nach der "New SIOP (Stockholm) working classification of renal tumors in childhood" Literatur:Delemarre, J.F.M. et al.: "The new SIOP (Stockholm) working classification of renal tumours of childhood", Medical and Pediatric Oncology, 26, 145-146, 1996und dem Tumorstadium sowie dem Verhalten der Tumoren unter präoperativer Chemotherapie werden low-risk, intermediate-risk und high-risk-Tumoren unterschieden.
Prognostisch ungünstig müssen Klarzellsarkome, Rhabdoidtumoren, rhabdomyosarkomatöse, anaplastische und überwiegend blastemische Tumoren als angesehen werden. Ebensolches gilt für eine fehlende komplette Tumornekrose unter präoperativer Chemotherapie.
Eine günstige Prognose haben die Histologien kongenitales mesoblastisches Nephrom, fetales rhabdomyomatöses Nephroblastom und das zystische Nephroblastom.
Der bedeutendste Faktor für die Prognose des Wilmstumors ist der histologische Grad und das Stadium des Tumors. Der Diagnostik kommt daher große Bedeutung zu und hier dem CT mit der Bewertung auch der kontralateralen Niere. Intraoperativ ist die Suche nach Leber- bzw. Lymphknotenmetastasen, peritonealen Tumoraussaat bzw. nephrogenen Resten von Bedeutung.
Grundsätzlich ist die Nephrektomie der fundamentale Behandlungsschritt beim Wilmstumor. Vom Interesse ist aber der Zeitpunkt der operativen Intervention. Während SIOP- und UKCCSG-Studien die Nephrektomie nach neoadjuvanter Chemoptherapie durchführen um den Tumor vor dem Eingriff zu verkleinern, steht die Operation bei der amerikanischen NWTSG am Beginn der Behandlung mit dem Vorteil, bereits zu diesem Zeitpunkt die Histologie zur Verfügung zu haben.
Der diagnostische Fehler vor Histologie liegt bei 8%, d.h. in 8% wird bei entsprechendem Verdacht die Tumorhistologie das Vorliegen eines Wilmstumors nicht bestätigt. Von diesen sind ca. 75% benigne Raumforderungen, somit werden diese Kinder nicht tumorgerecht behandelt (übertherapiert), die übrigen nicht adäquat ihrer Diagnose.
Demgegenüber wird innerhalb des SIOP-Schemas durch primäre Chemotherapie eine Reduktion der Tumorgröße und Verdickung der Tumorkapsel erreicht, was ein einfacheres operatives Vorgehen ermöglicht. Durch signifikant niedrigere Tumorrupturzahlen wird das Tumorstadium reduziert (vgl. Stadieneinteilung). Das prognostische Kriterium "Ansprechen auf die präoperative Chemotherapie" erlaubt die risikoadaptierte Reduktion der postoperativen Maßnahmen (insbesondere Radiatio).
Die Therapie des Wilmstumors sollte, insbesondere zur Vermeidung von Übertherapien, nur im Rahmen von Studienprotokollen erfolgen! Literatur:Creutzig, U. et al: "Krebserkrankungen bei Kindern", DÄB 665-672, 2003.
Wesentliche Unterschiede zeigen sich zwischen den unterschiedlichen Vorgehensweisen nicht (SIOP bzw. NWTS). Der sofortige Beginn mit neoadjuvanter Therapie ohne eine histologische Sicherung hat allerdings die Gefahr, dass es sich bei den radiologisch festgestellten Tumoren nicht um ein Malignom handelt. Die Entnahme einer Biopsie vor der Chemotherapie scheint daher vertretbar.
Zur Operationsmethode wird auch wie beim NCC die partielle Nephrektomie diskutiert. Das laparoskopische Vorgehen mit Teilresektion und Lymphknoteninspektion wird in den letzten Jahren zunehmend praktiziert Literatur:Duarte, R.J. et al: "Further experience with laparoscopic nephrectomy for Wilms' tumour after chemotherapy", BJU int, 98, 155-159, 2006.
Die Hauptstützen der Chemotherapie sind derzeit Actinomyzin und Vincristin.
Die Ereignisfreie Überlebensrate betrug bei der SIOP-Studie 9 84% und die 5-Jahres-Überlebensrate 90%. Im Jahresbericht 2000 des deutschen Kinder-Krebsregisters wird die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit mit 88% angegebenLiteratur:Jahresbericht 2000 des Deutschen Kinderkrebsregisters, zitiert in Creutzig, U. et al: "Krebserkrankungen bei Kindern", DÄB 665-672, 2003.
Auch in Übereinstimmung mit den Ergebnissen der NWTS Group beträgt die Langzeitüberlebensrate für den lokalen Tumor > 90% und annähernd 70% für Metastasierende Literatur:Arya, M. et al: "Current Trends in the Management of Wilms' Tumour", BJU Int, 97, 899-904, 2006. Diese Ergebnisse konnten durch eine effiziente Therapie bei gleichzeitiger Reduktion medikamentenbedingter Nebenwirkungen erreicht werden.