Im Vordergrund steht eine standardisierte, evt. wiederholte Untersuchung. Hadziselimovic schlägt für die Untersuchung von Säuglingen und Kleinkindern die von der Mutter oder Schwester gehaltene, möglichst entspannte Sitzposition vor.
Zunächst Betrachtung des Skrotums:
Bei nicht deszendierten Hoden ist das Skrotum bzw. Hemiskrotum hypoplastisch, d.h. schmal und von schwach ausgebildeter Faltung.
Die Untersuchung muss Auskunft geben ob der Hoden im Skrotum tastbar ist oder präscrotal liegt. Es ist dann zu prüfen ob ein Pendel- oder Gleithoden (retractile testis) vorliegt. Wird bei der Untersuchungsposition im Sitzen kein Hoden getastet, muss in Rückenlage die Leistenregion bimanuell untersucht werden. Die Mehrzahl der nicht-deszindierten Hoden wird mit dieser Methode entdeckt. Bei negativem Befund empfiehlt sich eine Wiederholung. Erst dann kann im erfolglosen Fall der Verdacht auf einen Bauchhoden oder das Fehlen des Organes (vanishing testis) geäußert werden. Allgemein wird angenommen, dass in 20% der nicht deszendierten Hoden das Organ nicht getastet wird (Abbildung 2).
In 20% der nicht tastbaren Hoden liegt ein bilateraler Befund vor.
Die Untersuchung muss fernerhin auch evtl. ektopische Hoden erfassen (perineal bzw. femoral).
Die Größenbestimmung des getasteten Hodens mit Hilfe des Orchidometers ist sinnvoll.
Der Orchidometer besteht aus Hodenmodellen mit einem Volumen von 1-25ml zum Größenvergleich (Abbildung 3).
Zur Bestimmung der Hodengröße dient die Formel:
D: Längendurchmesser
d: Querdurchmesser
pi: Kreiszahl (ca. 3,14)
Bis zur Pubertät werden Größen bis zu 3 ml gemessen Literatur:Hadziselimovic, F.: "Hodendystopie" in Thüroff: "Kinderurologie", Thieme Stuttgart, 1997
Betz, R. et al: "Kinderurologische Sprechstunde", WVG Stuttgart, 1998
Zachmann, M. et al: "Testicular volume during adolescence. Cross-sectional and longitudinal studies", Helv. Paediat., 28, 61-72, 1974.
Im Weiteren, insbesondere bei Adipositas und wenn die Abgrenzung des Hoden vom Nebenhoden nicht gelingt ist eine sonographische Untersuchung, auch zur Dokumentation angezeigt (s. Abbildung 9). Insbesondere in inguinalen bzw. präscrotalen Bereich kann die Sonographie hilfreich sein, evtl. auch um zystische Nebenhodenveränderungen (Spermatozelen) zu erfassen (84%) Literatur:Mathers, M. J. et al: "Hodenhochstand: Diagnostik, Therapie und langfristige Konsequenzen, DÄB, 106, 527-532, 2009.
Mit Rücksicht auf die immerhin in 1% gleichzeitig bestehenden Anomalien der oberen Harnwege (Korrelationspathologie) gehört die Sonographie der Nieren zur Routinediagnostik beim Maldeszensus testis (s. Nierfe/Form/Kasuistik 1 Hufeisenniere).
Die Diagnose: fehlender Hoden erfordert bei ergebnisloser Palpation und Sonographie entsprechende weitergehende Diagnostik mit bildgebenden Verfahren: CT bzw. NMR, und/oder Laparoskopie Literatur:Pugach, J.L.: "Systematic evaluation of patients with a nonpalpable testis", Contemp Urol, 7, 72-78, 2001. Von Gatti et al. wird beim nicht tastbaren Hoden vor dem Einsatz von Laparoskopie, CT oder NMR eine bimanuelle digitale rektale Untersuchung vorgeschlagen.
Literatur:J. M. Gatti et al: "Bimanual digital rectal examination for the evaluation of the nonpalpable testis", J. Urol., 170, 207-210, 2003. Fernerhin ist ein hCG-Stimulationstest zu bedenken (s.u.).
Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen bei nicht palpablen Hoden: Abbildung 6.
Von den bildgebenden Verfahren bewährt sich im Gegensatz zur Computertomographie die Magnetresonanztomograhie (MRT). Mit dieser Methode können nicht deszendierte Hoden in bis zu 90% entdeckt werden Literatur:Rösch, W.: "Benigne testikuläre Fehlbildungen und Erkrankungen des Kindesalters" in Sigel, A.: "Kinderurologie", Springer Berlin, 2001.
Von hoher Aussagekraft, die sogar MRT übertrifft, ist die diagnostische Laparoskopie. Castilho fand durch diagnostische Laparoskopie 60% der dystopen Hoden, in 40% fehlte das Organ (Dysgenesie) Literatur:Castilho, L.N.: "The Effectiveness of Diagnostic Laparoscopy as an Alternative to Exploratory Surgery for Nonpalpable Testes", Medical Care International, Mai-Juni 1992
Fahlenkamp, D. et al: "Erfahrungen mit der Laparoskopie bei der Diagnostik nicht-palpabler Hoden", aktuelle Urologie 22, 363-365 1991
Patil, K. K. et al: "Laparoscopy for impalpable testes" BJU International 95, 704-708, 2005.
Die Abbildung zeigt die laparoskopische Darstellung eines atrophischen Bauchhodens bei einem 25 Jahre alten Mann (Abbildung 5). Die Atrophierate des Bauchhodens beträgt bis zu 20%.
Zur differentialdiagnostischen Unterscheidung von Maldeszensus Testis und Anorchie (Dysgenesie) dient der Choriongonadotropin-Stimulationstest (hCG-Test) (s. Störungen der Geschlechtsdifferenzierung)
Literatur:Thomas, L.: "Labor und Diagnose", TH-Books Frankfurt a.M., 2000.
Bei Vorhandensein von Hodengewebe kommt es über 4-5 Tage nach
hCG-StimulationhCG-StimulationDurch Stimulation mit humanem hCG kann die endokrine Funktion der Hoden überprüft werden. Nach Bestimmung des basalen Testosteronwertes - Präpubertal 0,3 - 1,2 ng/ml. Injektion von 5000 IE hCG i.m. Blutentnahme nach 48 und 72 Stunden. 1,8 bis 2,5facher Anstieg des Testosterons über basal ist als Positiv anzusehen.
O.F. Miller et. al.: "Prospective evaluation of human chorionic gonadotropin in the differentiation of undescended testes from retractile testes", J. Urol., 169, 2328-2331, 2003
zu einem deutlichen Anstieg der Serumtestosteronwerte (Abbildung 4).
hCG besitzt überwiegend LH-Aktivität und stimuliert die Testosteronproduktion der Leydig-Zellen.