Natürlicher Verlauf

Ein VUR, kann asymptomatisch sein und ohne Schädigung des Nierenparenchyms verlaufen.
Insbesondere in Kombination mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen führt ein VUR aber unbehandelt zur sogenannten Refluxnephropathie mit Narbenbildung und Nierenparenchymverschmälerung, Entwicklung einer arteriellen Hypertonie und (bei beidseitigem Befund) chronischer Niereninsuffizienz Niere/Kleine Niere und s. Nierentransplantation. Die Refluxnephropathie ist in 20% Ursache der kindlichen terminalen Niereninsuffizienz! Auch ohne rezidivierende Harnwegsinfekte können mit erhöhtem intravesikalem Druck vergesellschaftete vesicoureterale Refluxe zur chronischen Nierenschädigung führen ("Wasserhammereffekt").

Der primäre kongenitale Reflux unterliegt einer Maturation. Darunter versteht man die spontane Rückbildung des Refluxes infolge eines Reifungssprozesses. Im Rahmen des Längenwachstums der Kinder verlängert sich die effektive Tunnellänge, was zum Verschwinden des Refluxes führt.

Bei bestehendem VUR ist weder die Maturationsfähigkeit noch das Eintreten von Komplikationen des oberen Harntraktes für das einzelne Kind sicher vorherzusagen.

Therapie des Refluxes

 b 
  • Abbildung 18: Operation des VUR
    1. Neueinpflanzung des reflexiven Harnleiters (Ureterreimplantation n. Politano-Leadbetter)
    2. Extravesikale Antirefluxoperation (n. Gregoir)
  • Abbildung 19:
  • Otis-Urethrotom zur Urethrotomia interna (Harnröhrenschlitzung)
 b 
  • Abbildung 20: Injektion von Kunststoff oder Kollagen an der Harnröhrenöffnung (Ostium) zur Behandlung des Vesikoureteralen Refluxes (submuköse endoskopische Antirefluxplastik, SEARP)
    1. Schematisch
    2. Endoskopischer Blick auf das Ostium vor und nach Kollageninjektion

Die Mehrzahl der Refluxe umfasst die Grade 1-3 (im weiteren Sinne auch Grad 4), d.h. hier kann häufig (zumindest I.-II. Grades) mit einer spontanen Ausheilung (Maturation) gerechnet werden. Bei den Refluxen Grade III und IV ist das nur noch in einem Drittel der Fall Literatur:Capoza, N. et al: "Treatment of vesico-ureteric reflux: a new algorithm based on parenteral preference", BJU int, 92, 285-288, 2003. Erschwerend kommen bezüglich der Ausheilung Besonderheiten zum Tragen, wie die pathologische Ostien-Konfiguration, Divertikelbildung bzw. Doppelharnleiter. Hier sind operative Maßnahmen (offen operativ bzw. endoskopische Unterspritzung) erforderlich. Grad V-Refluxe bedingen im Allgemeinen operative Behandlung.
Bei distaler Harnröhrenstenose wird zur Harnröhrenschlitzung das Otis-Ureterotom verwendet (Abbildung 19). Mit dieser Behandlung lassen sich in etwa 40%-50% der Refluxe in Folge Harnröhrenstenose beseitigen Literatur:Harzmann, R., Bichler, K.-H.: "Distale Harnröhrenstriktur und vesikoureterelare Reflux im Kindesalter" Bayrischer Urologenkongress, Straubing 1977
Wichtig ist die Überwachung der Kinder (Mädchen bis 4 und Jungen bis 2 Jahre) mit niedrigen Refluxgraden. Hier ist die Antibiotika Prophylaxe und Sonographie bzw. MCU nach 1 Jahr angezeigt. Falls kein Reflux mehr nachweisbar, kann die Prophylaxe eingestellt werden. Jährliche Ultraschallkontrolle bis zu Schuleintritt und danach alle 2 Jahre bis zum 16. Lebensjahr sind jedoch anzuraten.
Bei anhaltendem Reflux ist weitere Prophylaxe und fortgesetzte Kontrolle in Jahrsfrist (Ultraschall und Isotopen MCU) erforderlich. Danach ist altersabhängig eine Entscheidung über das weitere Vorgehen abhängig vom Nierenwachstum angezeigt (Operation).
Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die niedriggradigen Refluxe mit großer Wahrscheinlichkeit zur vollständigen Ausheilung kommen, im Allgemeinen im Alter von 5 bis 6 Jahren. Grad IV-Refluxe nach Parkkulainen stehen an der Grenze zur Operationsindikation, zumindest ist eine operative Intervention erforderlich falls Narbenbildung bzw. Funktionseinschränkungen auftreten. Der Reflux Grad V macht eine Operation notwendig.

Die höhergradigen Refluxe (Grad V) machen primär eine operative Therapie (Antirefluxplastik bzw. Ureterreimplantation) erforderlich. Die Abbildung zeigt beispielsweise einen refluxiven Megaureter links mit weitgestelltem Nierenbeckenkelchsystem (s. Abbildung 10c).

Bei Operationsindikation finden zwei Methoden Anwendung:
Die Einpflanzung des Harnleiters nach Eröffnung der Harnblase (z.B. in der Methode nach Politano-Leadbetter) (Abbildung 18a) bzw. die extravesicale Einbettung des Harnleiters in einen submukösen Muskeltunnel der Harnblasenwand (Methode nach Lich-Gregoir) (Abbildung 18b).
Alternativ kann auch eine Injektion von Kunststoff oder Kollagen am Ostium zur Behandlung verwandt werden (Abbildung 20).