Harnblasenekstrophie

  • Abbildung 1:
  • Harnblasenekstrophie mit Epispadie
 b 
  • Abbildung 3:
  • Weibliche Frühgeburt (Exitus 5. Tag p.p.)
    1. Kloakale Ekstrophie mit zweigeteilter Blasenplatte, Prolaps des Darms und Omphalozele, Meningomyelozele, Rachischisis, Klumpfüße bds. und andere Missbildungen
    2. Schematische Darstellung (männlich)

Die Blasenekstrophie ist Bestandteil eines Mehrfachfehlbildungskomplexes. Dieser ist charakterisiert durch Fehlen der infraumbilikalen Bauchdecken, ein Klaffen der Symphyse und ist bei männlichen Individuen mit einer Epispadie sowie häufigem ein- oder beidseitigen Kryptorchismus vergesellschaftet.
Die Harnblasenekstrophie ist in 86% mit einer Epispadie kombiniert. Wegen der Häufigkeit dieser Kombination spricht man vom "Ekstrophie-Epispadie-Komplex" (Abbildung 1, s. Abbildung 4).

Fernerhin treten Fehlbildungen des Darms und Verschlussdefekte des Wirbelkanals (Spina bifida: 18%) auf (Abbildung 3).
Die Inzidenz der Fehlbildung beträgt ca. 1:50.000. Sie tritt bei Jungen 5 bis 7 Mal häufiger als bei Mädchen auf und ist häufig mit anderen Fehlbildungen wie der Epispadie (86%) kombiniert Literatur:Young, R. H., Eble, J. N.: "Non-neoplastic disorders of the urinary bladder" in Bostwick, D. G., Eble, J. N.: "Urologic Surgical Pathology", Mosby St. Louis, 1997.

Definition

Die Blasenekstrophie stellt eine vordere Herniation der Harnblasen- und Urethralplatte dar, wobei das Diaphragma pelvis und das intrasymphysiale Band hinter der Urethralplatte liegen. Der Fehlbildungskomplex ist eine Störung der embryonalen Entwicklung des Urogenitaltraktes aus der Kloake.

In der 3. Embryonalwoche bildet die zweischichtige Kloakenmembran die ventrale Begrenzung der Kloake. Das Einwachsen von Mesenchym zwischen das ektodermale und endodermale Blatt der Kloakenmembran (Kloakenplatte) führt zur Bildung der vorderen infraumbilikalen Bauchwand und der Symphyse. Nach dem seitlichen Einwachsen des Mesenchyms unterteilt das von kranial nach kaudal einwachsende Septum urogenitale (Kloakenseptum) die Kloake in den Sinus urogenitalis und den Enddarm.

Eine premature Ruptur der Kloakenmembran hat die Ausbildung des Ekstrophie-Epispadie-Komplexes zur Folge. Dabei ist das Ausmaß der Ekstrophie abhängig von dem Zeitpunkt der Ruptur (vor oder nach dem Einwachsen des Septum urogenitale):

Tabelle 1: Außmaß der Ruptur
Zeitpunkt Ausmaß
Ruptur vor dem Einwachsen des Septum urogenitale Kloakale Ekstrophie
(zweigeteilte Blasenplatte, Prolaps des primitiven Enddarmes, häufig Omphalocele) (Abbildung 2)
Ruptur nach Einwachsen des Septum urogenitale Klassische Blasenekstrophie
(freiliegende Blasenplatte, Fehlen der Blasenvorderwand, fehlender Blasenhals und Sphinkterapparat, Epispadie)
Ruptur lediglich der kaudalen Kloakenmembrananteile Epispadie, eventuell Spaltbildung des Blasenhalses
Ruptur der kranialen Anteile der Kloakenmembran Obere Blasenfissur
(nur der kraniale Blasenanteil liegt außen offen, Blasenhals und Harnröhre normal angelegt)