Die zumeist stumpfen Verletzungen des Skrotums bzw. Hodens führen zu Schwellung bzw. oberflächlicher Hämatombildung Literatur:Cass, A.S., Luxenberg, M.: "Testicular injuries", Urol. 37, 1991:528-530
Brandes, S.B., Buckman, R.F., Chelsky, M.J. et al.: "External genitalia gunshot wounds: A ten-year experience with fifty-six cases", J Trauma 39, 1995: 266-271
. Sie sind aber auch Symptom einer Hämatozele mit und ohne Ruptur der äußeren Hodenhüllen bzw. der Hodenkapsel (Tunica albuginea) (Abbildung 2abc).
Die Hämatozelen entstehen durch Zerreißung von Blutgefäßen der Hodenhüllen bzw. der Tunica albuginea oder des Hodens. Daraus resultieren schmerzhafte Hämatome in den Hodenhüllen oder im Hoden (stellen sich als Tumor dar - Hoden und Nebenhoden nicht tastbar).
Die Abbildung zeigt den Operationssitus einer Hodenruptur bei einem Jugendlichen nach stumpfer Verletzung (Fußtritt) (Abbildung 3).
Bei der Ruptur (Einriss) der Tunica albuginea des Hodens kommt es zum Parenchym-Prolaps und Einblutungen in die Hodenhüllen.
Der oder die Hoden können bei erheblicher Gewalteinwirkung zumeist mit Beckenfraktur
disloziertdisloziertDabei wird der Hoden entlang des Leistenkanals verschoben. Berichtet werden solche Unfälle bei Motorradfahrern mit Beckenfrakturen. Durch die dabei entstehende Verletzung des Beckenbodens kann das Organ retrovesikal verlagert werden.
O'Brien, M.F., Collins, A.D., et al.: "Traumatic Retrovesical testicular dislocation", Journal of Urology, 171, 2004: 798
werden.
Für die Diagnostik von Skrotum- bzw. Hodenverletzungen ist die sorgfältige Inspektion bzw. Palpation (Achtung offene Verletzung!) des Skrotums und der Hoden erforderlich. Wegen der zumeist eingetretenen Schwellung bzw. Einblutung (Hämatozele) ist die Abgrenzung von Hoden und Nebenhoden nicht oder nur ungenau möglich. Symptomatisch besteht in der Regel eine erhebliche Schmerzhaftigkeit der Region. Von diagnostischer Bedeutung ist die sonographische Untersuchung (Angiodynographie). Hier sind Flüssigkeitsansammlungen (Blut) im Skrotalfach und Binnenechos nachweisbar. Die Abgrenzung von erhaltenem Parenchym, Einrissen und Einblutungen ist möglich. Eine sorgfältige Suche nach Rissen in den Hodenhüllen (Kapsel) ist angezeigt (Abbildung 4).
Es ist aber festzuhalten, dass die Ultraschalldiagnostik nicht immer eine akkurate Aussage des eigentlichen Ausmaßes der Verletzung ergibt und eine Ruptur unentdeckt bleibt. Im Zweifel ist eine offene Exploration notwendig Literatur:Joudi, F.N., Lux, M.M., Sandlow, J.I.: "Testicular rupture secondary to paint ball injury", Journal of Urology, 171, 2004:797
Corrales, J.G., Corbel, L., et al.: "Accuracy of ultrasound diagnosis after blunt testicular trauma", J Urol 1993, 150: 1834.
Zur Erfassung von Gerinnungsstörungen als Ursache der Einblutung in Hodenhüllen bzw. Hoden nach Bagatelltraumen ist die Bestimmung von Quick, PTT und der Thrombozytenzahl angezeigt.
Differentialdiagnostisch muss bei jedem Skrotaltrauma auch an die Möglichkeit einer Hodentorsion gedacht werden.
Aufgrund der unsicheren Diagnostik bei der Hodenverletzung kann eine Hodenruptur unentdeckt bleiben. Daraus ist zu folgern, dass eine
ExplorationExplorationSo konnten Cass et. al. zeigen, dass Hodenverletzungen nach stumpfen Traumen unter konservativer Therapie in 21% zum Verlust des Hodens geführt haben, im Gegensatz zu nur 6% bei sofortiger Freilegung. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass bei der operativen Freilegung nicht nur die bestehende Kapselzerreißung versorgt, sondern auch die Hämatozele ausgeräumt werden kann, was die Spätfolgen einer verbleibenden Blutung (Druck auf das Hodenparenchym) verhindert.
Die Prognose hängt vom Zeitpunkt der operativen Versorgung ab: innerhalb der ersten 3 Tage können ca. 80% der Hoden gerettet werden. Nach 9 Tagen können nur noch 30% der Hoden erhalten werden.
Cass, A.S., Luxenberg, M.: "Testicular injuries", Urol. 37, 1991:528-530
bei adäquatem stumpfen Hodentrauma und nicht eindeutig unauffälligem Sonographiebefund die größte Sicherheit bei der Versorgung bietet.
Offene Verletzungen des Skrotums bzw. des Hodens erfordern in jedem Falle eine entsprechende Wundrevision, Debridement und wenn möglich primäre Rekonstruktion des Hodens (Naht der Tunica albuginea).
Um Mitverletzungen nicht zu übersehen sind Urethrogramm bzw. Abdomenübersicht angezeigt.
Bissverletzungen des Skrotums bzw. des Hodens bedingen wegen der immer gegebenen Infektionssituation besondere Maßnahmen. Auch Insektenstiche am äußeren Genitale können zu lokalen und allgemeinen Reaktionen führen.
Neben der antibiotischen Therapie ist je nach Ausmaß der Verletzung eine Wundversorgung mit Entfernung von nekrotischem Gewebe notwendig (s. auch Therapie von Bissverletzungen am Penis) Literatur:Jordan, G.H., Jezior, J.R., Rosenstein, D.I.: "Injury to the genitourinary tract and functional reconstruction of the urethra", Curr. Opionion in Urology 11, 2001:257-261
Van der Horst, C., Martinez Portillo, F.J., Bannowsky, A., Seif, C., Jünemann, K.P..: "Penile fractures - controversy over surgical vs conservative treatment", BJU Int 2003, 92:349-50
Bradly, R. O., McAninch, J. W.: "Penile Rupture", Urologic Clinics of North America 16, 2, 1989.