Traumatologie

Die sachgerechte Versorgung kindlicher Verletzungen stellt eine besondere Herausforderung dar. Neben der umgehend einsetzenden ärztlichen und pflegerischen Hilfe ist die Beherrschung der Krisensituation eine wichtige Aufgabe. In der naturgemäß spannungsgeladenen, aufgeregten Situation müssen die Verantwortlichen Ärzte und Pflegekräfte eine Atmosphäre der Ruhe und Sachlichkeit herstellen.
Verletzungen sind die häufigste Krankheitsursache beim Kind und beim Jugendlichen. Urogenitalverletzungen im Kindes- und Jugendalter sind häufiger als bei Erwachsenen. Die Entstehungsmechanismen der Traumata sind vergleichbar denen des Erwachsenenalters. So waren im Jahre 1999 laut statistischem Bundesamt Jugendliche am häufigsten im Gegensatz zu älteren von Verletzungen betroffen.

Wenn auch die große Zahl der Verletzungen leichteren Ausmaßes sind, so ist doch festzuhalten, dass in den Industrienationen Unfälle zu den häufigsten Todesursachen bei Kindern und Jugendlichen gehören Literatur:Grimsehl, H., Blencke, B.: "Thorax- und Abdominalverletzungen im Kindesalter", Langenbecks Arch. Chir. 326, 216-238, 1970. Das trifft nach Angaben von Grimsehl und Blencke auch für Deutschland zu: Unfälle verursachen die meisten kindlichen Todesfälle. Dabei stehen Unfälle im Straßenverkehr im Vordergrund, wobei Kinder offenbar häufiger als Fußgänger betroffen sind (s. Niere:Abbildung 1a). Verletzungen der Bauch- und Thoraxorgane stehen nach den Schädel-Hirn-Verletzungen ursächlich an zweiter Stelle der Todesursachen. Der Häufigkeit nach sind die Nieren bei stumpfen Bauchverletzungen durch Verkehrsunfälle im Kindesalter an der Spitze, bei linksseitiger Gewalteinwirkung oft kombiniert mit Milzverletzungen Literatur:Rodeck, G.: "Verletzungen der Harnwege im Kindesalter", Z. f. Kinderchirurgie, 11, 604-618, 1972. Hier sind auch die als Folge stumpfer Bauchtraumen auftretenden Verletzungen der Harnblase, z.T. kombiniert mit Beckenfrakturen zu erwähnen. Verletzungen, die im Rahmen eines Polytraumas zu erheblichen Komplikationen beitragen können (s. Polytrauma der Niere).
Um die Zahl der gefährlichen kindlichen Verletzungen und ihrer Folgen weiter zu vermindern, sind alle Anstrengungen zur Unfallverhütung bedeutungsvoll. Darüberhinaus muss den Rettungsmaßnahmen erhöhte Aufmerksamkeit zukommen. Die Rettungseinrichtungen sind zumeist für Erwachsenen vorgesehen und deshalb für Kinder, insbesondere Kleinkinder wenig geeignet. Von Kaulen werden zurecht Anstrengungen zur Verbesserung der kindergerechten Rettungsmaßnahmen bzw. Einrichtungen angemahnt Literatur:Kaulen, H.: "Junge Unfallopfer sind widerstandsfähig", FAZ 34, 1999.

Auch die Landesärztekammer Baden-Württemberg hat sich in dieser Richtung engagiert und als Hilfsmittel für Kindernotfälle ein sogenanntes Notfalllineal entwickelt mit dessen Hilfe Notärzte, die auch nicht so in der Behandlung von Kindern geübt sind, entsprechende Angaben zu notwendigen Medikamenten und ihrer Dosierung erhalten. Alle rund 600 Einsatzfahrzeuge und Hubschrauber wurden in Baden-Württemberg mit dem Notfalllineal für Kinder ausgerüstet. Das Lineal dient zur Erfassung der Größes des Kindes und davon ausgehend sind die Dosisempfehlungen für die am häufigsten in Notfällen eingesetzten Medikamente zu entnehmen Literatur:"Notfall-Lineal", ÄBW, 08, 334, 2012. Mit dieser Problematik haben sich auch Kaufmann et al beschäftigt und raten für die stationäre Versorgung der kleinen Patienten zu standardisierten Medikamentenverordnungen (computergestützte Programme) um Fehldosierungen zu vermeiden. Eine Gefahr, die in der oft hektischen Notfallsituation, insbesondere bei weniger mit der Behandlung von Kindern geübten Ärzten, besteht Literatur:Kaufmann, J. et al: "Medikamentenfehler bei Kindernotfällen", DÄB 109, 609-616, 2012