Physiologischerweise kann aufgrund einer verzögerten Trennung von Glans und Präputium die Vorhaut bei 80% der Jungen mit 6 Monaten noch nicht retrahiert werden, im Alter von 1 Jahr ist dies bei 50%, mit 3 Jahren bei 90% möglich ("Physiologische Phimose") Literatur:Duckett, J. W.: "The neonatal circumcision debate" in: King, L. W.: "Urologic surgery in neronates & young infants", Saunders Philadelphia, 1998. Die normalerweise vorhandenen Verklebungen zwischen dem Präputium und der Glans penis lösen sich im Alter von 1 ½-2 Jahren bei der Mehrzahl der Jungen von selbst. Vorzeitige Versuche, das Präputium zu retrahieren, sollten zur Vermeidung von Narbenbildungen deshalb insbesondere im 1. Lebensjahr unterbleiben!
Die Indikation zur Operation im Kleinkindesalter aus religiösen Gründen ohne ärztliche Indikation konnte bisher zu arztrechtlichen Konsequenzen führen. Vor allem aus religiösen Gründen werden in unserem Lande medizinisch nicht indizierte Zircumzisionen durchgeführt. Der Eingriff wird von den Eltern gewünscht. Die Ärzte geraten dabei aber in einen Gewissenskonflikt, da sie einerseits den elterlichen Wunsch verstehen, andererseits aber keine ärztlich begründete Indikation dafür besteht. Die Beschneidung aus religiösen Gründen stellt juristisch eine Körperverletzung dar. Putzke et al rieten den Operateuren daher den Eingriff abzulehnen. Immerhin drohe die Gefahr, dass sie sich anderenfalls strafbar machen Literatur:Stehr, M., Putzke, H., Dietz, H.-G.: "Strafrechtliche Konsequenzen auch bei religiöser Begründung", DÄBl 105, 1503-1505, 2008. Im Juni 2012 entschied das Landgericht Köln im Falle einer Zirkumzision im Kindesalter auf Körperverletzung. Die Rechtslage war daraufhin ungeklärt. Auf Entschluss des Deutschen Bundestages wurde jetzt eine gesetzliche Regelung getroffen, die die Ärzte in diesen besonderen Fällen straffrei stellen (
Mehr InformationenMehr InformationenDie neue Regelung sieht vor, aus religiösen oder hygenischen Gründen bei einem Jungen die Zirkumzision auf Wunsch der Eltern zu erlauben. Die Regierung nimmt dabei Bezug auf § 1631d des BGB, aufgrund dessen die Eltern das Recht haben, einem solchen Eingriff zuzustimmen. Voraussetzung ist, dass der Eingriff ärztlich sachgerecht und in angemessener Betäubung durchgeführt wird. In dem neuen Gesetz wird auch medizinischen Laien, wie den jüdischen Beschneidern, bei Nachweis entsprechender Kenntnisse, das Recht zur Durchführung der Zirkumzision erlaubt, u.z. in den ersten 6 Lebensmonaten.
In dem neuen Gesetz wird darüberhinaus großer Wert auf die Aufklärung über evtl. Folgen des Eingriffes gelegt.).
Eltern befürchten häufig eine Abflussbehinderung wenn bei der "physiologischen Phimose", die präputiale Öffnung sehr eng ist und eine Ballonierung auftritt. Untersuchungen zum Flowverhalten bei Jungen mit physiologischer Phimose mit und ohne Ballonierung des Präpultiums zeigten keinen unterschiedlichen Flow Literatur:Babu, R. et al: "Ballooning of the foeskin and physiological phimosis: is there any objective ecidence of obstructed voiding?", BJU int, 94, 384-387, 2004.
Bei Schulkindern und auch Jungen im Vorschulalter besteht bei nicht reponierbarer Vorhaut mit zunehmender Verengung bzw. rezidivierender Entzündung die Indikation zur Zirkumzision. Zu bedenken ist allerdings, dass die natürliche Verklebung nicht durch vorzeitige präpubertäre artifizielle Retraktion gelöst werden sollte.
Die Beseitigung der Vorhautverengung ist unter diesen Bedingungen im Hinblick auf die Gefahr der Entstehung einer Paraphimose (Erektion), rezidivierenden Infektionen (Balanitis) und langfristig eines Peniskarzinoms (mangelnde Hygiene) angezeigt. Bei 16 - 17 jährigen Jugendlichen tritt eine persistierende Phimose nur noch zu 1% auf, z.B. bei Lichen sclerosus et atrophicans, s. Histologie)
Literatur:Oster, J.: "Further fate for the foreskin", Arch. Dis. Child, 43, 200-203, 1968
Post, B., Jänner, M.: "Lichen sclerosus et atrophicus penis", Z. Hautkrankheiten 50, (16), 675-681 1975.