Doppelbildung der Harnröhre

  • Abbildung 3:
  • Verdopplung der Harnröhre vom hypospaden Typ
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  • Abbildung 4:
    1. Embryogenese der Urethralplatte
    2. Verschiedene Formen von Doppelbildungen der Urethra
  • Abbildung 5:
  • Doppelte Harnröhre (komplett) mit Mündung der zusätzlichen Harnröhre in die Corona Glandis

Es handelt sich um eine seltene, kongenitale Anomalie, die auch mit einer Verdopplung des Penis auftreten kann. Das Glied zeigt häufig eine Verkrümmung.
Unterschieden werden eine epispade und eine hypospade Form (Abbildung 3) Literatur:Reuter, V. E.: "Urethra" in Bostwick D. G.: "Urologic surgical pathology", Mosby St. Louis, 1997

Funfack, M.: "Komplette doppelte Harnröhre beim Manne", Zeitschrift für Urologie, 6, 391-399, 1953
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Die Doppelbildung ist Folge einer Störung in der Embryogenese der Urethralplatte (Abbildung 4a).

Die Verdopplung kann kollateral oder sagittal vorliegen. Letzteres ist bei Jungen der Fall (Abbildung 4b).

Die von Effman et al. angegebene Klassifikation unterscheidet verschiedene Formen (Tabelle 1) Literatur:Effman, E. L., Lebowitz, R. L., Colodny, A. H.: "Duplication of the urethra", Radiology 119, 179-185, 1976.

Tabelle 1: Klassifikation nach Effman
TypBeschreibung
ITeilweiser oder blind endender zusätzlicher Gang bei Hypospadien
IIKomplette Dopplung
IIA1Ursprung von separatem Harnblasenhals
IIA2Geteilte Harnröhre ab Höhe hintere Urethra
IIIKomplette Blasendopplung

In der Mehrzahl der Beobachtungen führt der zusätzliche Gang in den Bereich der corona glandis (komplette Verdopplung) (Abbildung 5), mündet in die Harnröhre oder endet blind im Penis Literatur:Haleblian, G. et al: "Y-type urethral duplication in the male", BJU Int. 97, 597-602, 2006.

Die Behandlung ist vor allem erforderlich bei Verkrümmung des Gliedes bzw. Infektionen Literatur:Reuter, V. E.: "Urethra" in Bostwick D. G.: "Urologic surgical pathology", Mosby St. Louis, 1997. Die relativ häufig auftretende blind endende akzessorische Harnröhre bedarf in der Regel keiner Operativen Therapie.

Kasuistik

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  • Abbildung 6: Harnröhrendoppelbildung (sagittal hypospad, II)
    1. Verkrümmung des Gliedes
    2. Zwei Harnröhrenöffnungen in sagittaler Anordnung, eine davon hypospad
 
  • Abbildung 7: Urethrogramm der beiden getrennt aus der Harnblase abgehenden Harnröhren
    1. Einzeldarstellung der jeweiligen Harnröhre; beide gehen von der Harnblase ab
    2. Gleichzeitige Darstellung beider Harnröhren

Bei dem jugendlichen Patienten fand sich eine komplette Urethra Duplex vom sagittalen, hypospaden Typ (Abbildung 5).
Der Patient stellte sich primär wegen einer ventralen Verkrümmung des Gliedes vor (Abbildun 6).
Bei der Untersuchung des Genitales fand sich ein Meatus an der Spitze der Glans penis und ein zweiter hypospad mündender Meatus im Bereich des Sulcus coronarius (Abbildung 6).

Der Patient berichtete, dass während der Miktion Urin aus beiden Harnröhren austritt. Die präoperative Röntgendiagnostik zeigte im retrograden Urethrogramm beide Harnröhren als getrennt bis zur Blase verlaufend (Abbildung 7).

Ein Spermiogramm war unauffällig. Die Uroflowmetrie zeigte abgeschwächte Werte. Restharnbildung oder Stauung des oberen Harntrakts wurden nicht gefunden, im Rahmen der Endoskopie war die dorsale Urethra nur mit einem 12,5 Charr. Ureterorenoskop passierbar, die hypospad gelegene Harnröhre ließ sich mit einem 16 Charr. Urethrozystoskop engagieren.Die präoperative artifizielle Erektion zeigte eine deutliche,korrekturbedürftige ventrale Abknickung. Wegen der Position der dorsalenUrethra zwischen den Corpora cavernosa verbot sich von vorneherein eineVereinigung der beiden Harnröhren über die gesamte Länge auch wegen der Gefahr einer Inkontinenz.

Es erfolgte nun die operative Versorgung der hypospaden Urethra mit der einzeitigen Plastik nach Duckett. Die ausgeprägte Chorda (Verkrümmung des Penis nach ventral, Abbildung) wurde zunächst vor Bildunq des Duckett-Rohres exzidiert. Bei der nochmaligen artifiziellen Erektion zeigte sich das Glied nun gerade, ein ca 6 cm langes Rohr war erforderlich um das entstandene Harnröhrendefizit zu überbrücken (Abbildung 8).

Die dorsale Urethra wurde unverändert belassen. Der postoperative Verlauf war im Wesentlichen komplikationslos. Bei den ersten Erektionen postoperativ zeigte sich ein gerader Penis, Kontinenz bestand zu jedem Zeitpunkt.

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  • Abbildung 8: Operation der hypospaden Harnröhre
    1. Entfernung der Chorda zur Aufrichtung des Gliedes
    2. Harnröhrenersatz (Präputialhaut) in der Methode nach Duckett