Pubertas Praecox

Darunter versteht man ein Auftreten der Pubertätsmerkmale vor dem 8. Lebensjahr. Die Störung ist selten und hat eine unterschiedliche Pathogenese.

Literatur:Schopohl, J.: "Testis" in Siegenthaler, W.: "Klinische Pathophysiologie", Thieme Stuttgart, 2001

von Werder, K. et al: "Hypothalamus und Hypophyse" in Siegenthaler, W.: "Klinische Pathophysiologie", Thieme Stuttgart, 2001

Pubertas Praecox Vera

Die hypothalamisch verursachte Pubertas praecox ist gekennzeichnet von dem vorzeitigen Ausreifen des Hypothalamus mit Bildung von Gonadotropin und der dadurch bewirkten Entwicklung nachgeordneter Drüsen und Organe. Es kommt zur Ausbildung der biphasischen Ovarialfunktion bzw. zur Spermatozoenreife, aber keiner kompletten Spermatogenese. Von Wichtigkeit ist bei der ideopathischen Form, dass hirnorganische Prozesse auszuschließen sind.

Pseudopubertas Praecox

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  • Abbildung 2:
  • Gynäkomastie bei Jugendlichem mit Leydig-Zell-Tumor
  • Abbildung 3:
  • Sonographie eines Hodens mit umschriebenem Leydigzelltumor

Die Pseudopubertas praecox wird durch Tumoren verursacht, die Gonadotropin bzw. Sexualhormone produzieren.

Leydig-Zwischen-Zelltumoren des Hodens können im Kindesalter Störungen des Pubertätsprozesses verursachen in Folge eines erhöhten Testosteronspiegels und der Ausbildung einer Makrogenitosomia (Penisvergrößerung). Im Jugend- bzw. Erwachsenenalter tritt bei erhöhter Östradiolausscheidung Gynäkomastie, auch beidseitig, auf (Abbildung 2) (s. Tumoren/Hoden/Leydig-Zelltumor/Kasuistiken).
Bei diesen Patienten ist häufig der Testosteronwert erniedrigt. Neben dem Leydig-Zelltumor initiiert auch eine diffuse Hyperplasie der interstitiellen Zellen des Hodens eine Pubertas praecox.

In der Pubertät kann es bei etwa 1/3 der Jungen zu einer passageren Vergrößerung der Brustdrüsen kommen: Pubertätsgynäkomastie. Bei Perseverieren der Veränderung op. Verkleinerung ("Mamillenrandschnitt").

Beim Klinefelter-Syndrom (47xxy) in 80% oder der Intersexualität kann eine ausgeprägte Gynäkomastie vorhanden sein.
Klinefelter-Syndrom: Abnormale Zahl von X-Chromosomen, gonadale Insuffizienz (kleine Hoden). Gonadotropin erhöht, Gynäkomastie, exzessive Körpergröße, mentale Retardierung Literatur:Bostwick, D.G. und Eble, J.E.: "Urologic surgical pathology", Mosby St. Louis, 1997.
Auch das adrenogenitale Syndrom (AGS) mit Steroidsynthesestörungen der Nebennierenrinde bzw. Hyperplasie dystopen Nebennierenrindenartigen Gewebes im Rete testis oder Nebenhoden kann androgene Substanzen produzieren und eine Pubertas praecox verursachen s. Störungen der Geschlechtsdifferenzierung.
Auch Nebennierenrindentumoren mit Produktion von Sexualsteroiden können eine Pubertas praecox auslösen.

Symptomatische Pubertas praecox

Die symptomatische Pubertas praecox ist Folge zerebraler Erkrankungen wie Enzephalitis, Hydrozephalus bzw. Tumoren.
Diagnostisch werden neben der Hodensonographie (Abbildung 3) Laboruntersuchungen durchgeführt: Tumormarker, Testosteron, LH und FSH sowie Ketosteroide, Östradiol (s. Tumoren/Hoden/Leydig-Zell-Tumor/Abbildung 8).
Von den bildgebenden Verfahren ist außerdem das NMR zur Suche nach tumorösen Veränderungen des ZNS angezeigt.

Bei der Pseudopubertas praecox ist die Entfernung des verursachenden Tumors, z.B. beim Leydig-Zelltumor des Hodens die Orchidektomie, angezeigt.
Bleibende Vergrößerungen der Brustdrüse bei Jungen können zu psychischen Beschwerden führen und machen dann eine operative Entfernung notwendig (Operatives Vorgehen: Von Mamillen-Rundschnitt aus).